OB DACH
ODER LOS
habe
gestern ein nicen brasilianer (viele glauben dort das alle deutschen reich sind, so sagt er), der grad eine freundin besucht, auf englisch „meen
kleen friedrichshein“ gezeigt, den kiez der mir besonders da
gefällt, weil der noch etwas bunter und abwechslungsreicher als
prenzelberg scheint
erst mal
schön ein vegieburger mapfen und dann dort die fahrräder stehen lassen um um die häuser zu ziehen, unbedingt das raw-gelände
zeigen,
ein ort,
ein begehrtes objekt profitgieriger investoren die dort lieber
ein "familienfreundliches und generationenübergreifendes
Wohnviertel mit klimafreundlichen Energiekonzepten und autofreier
Zonen" sehen würden, das aber bis dato zum glück noch nicht
umsetzen konnten, denn eigentlich ist das raw-gelände ein ort
kreativer vielfalt, ob alternativ musik, künste, akrobatik, was fürs
wohlbefinden, skatehalle, theater, pipapo bis hin zum flohmarkt ist
alles da anzutreffen und wie wir so rüber latschen dachte ich:
'die oberbaumbrücke muß ich auch noch zeigen', also nüscht wie hin
da, obwohls schon voll kalt war, aber die brücke ist einfach zu
schön, deren view und deren symbolik!: war die doch einst zu lange
ein teil der teilungsanlage, trennte ost von west und umgekehrt und nun
verbindet sie wieder zwei supa bezirke,
„we
are now in westberlin?“ wurde ich gefragt? „yes!“ und erinnerte
mich an meine persönliche erfahrung diesen schritt nach 18 jahren
gelebtes leben zum ersten mal getan zu haben.
der view
ist einfach zu schön, grad weils dunkel ist und sich die lichter in
der spree reflektieren, zeigts doch alle facetten von berlin, 'ist so
dreckig und doch och wundaschön'
ich hol
meine kamera raus, stell die zeit ein um ne „langzeitbelichtung“
zu machen, häng die mir um den hals, weil ich kein bock habe das die
ins wasser fällt und stell die aufs gelände und fotografiere:
mittlerweile
ist es voll kalt geworden, dabei ist noch nicht mal winter, also wär
es wohl sinnvoll zu den fahrrädern zurück zu gehen,
in der
revaler straße kommt uns eine gruppe jüngerer leute entgegen, die in
ein gespräch mit ein obdachlosen verwickelt sind, oh man – ich
übertreibe, wars doch kein gespräch, die jungen leute sind ja nicht
mal bei dem obdachlosen stehen geblieben, ich höre wie einer der
jungen leute über sein rücken hinweg zu dem obdachlosen was ruft,
in etwa er solle nicht meckern, der obdachlose erwidert: „ihr habt
ja nicht mit mir geredet“
der
junge kerl: „mach ich doch grad“
ein
zweiter klinkt sich ein: „ich auch“
der obdachlose: "die anderen aber nicht"
der obdachlose: "die anderen aber nicht"
lachend
geht der trupp weiter ihren weg.
auf der
höhe des obdachlosen angekommen quatscht der uns an: „könnt ihr mir helfen?“
ich
frage worum es geht.
er stand
da im dunkeln wie zu einer salzsäule erstarrt, aus seiner nase lief
rotz, in einer hand, die dreckig war, hielt er eine bierflasche, in
der anderen ein zusammen gefalteten zettel in einer klarsichtfolie
steckend.
ich sei
die erste „normale“ heute, die er begegnet weil ich zuhörte, er
erklärte irgendwas irgendwie umständlich und deutete auf den
zettel, ich schaute drauf und erkannte das es eine liste mit
„notunterkünften für obdachlose“ war, ganz oben stand die
„motz-notunterkunftsadresse und ich dachte er wollte wissen wo die
sei, ich versuchte mein inneren stadtplan zu aktivieren um ihm zu
zeigen wie er hin kommt aber er kam mir zuvor und meinte das er grad
von da käm, wenn er den zettel umdreht wüsste ich auch was er will.
er drehte den zettel um und in der selben zeile in der letzten spalte
stand das das pro nacht 3,50€ kosten tät, das fand ich krass,
ich war
eben echt so doof und hab gegoogelt ob das wirklich stimmte und habe
ein artikel von Juni 2010 gefunden:
ich find
das völlig unterste schublade das man von menschen in not auch noch
geld verlangt, da kann man mir sonstwie erklären wollen das das zur
systemintegration beitragen soll, manch einer ist so weit draußen
das er gar nicht mehr zurück kommen kann, nicht mehr die dinge, um
systemkonform zu sein, machen kann und ich finde wir sollten doch
bitteschön die menschen nicht deswegen abstoßen oder ablehnen oder
verachten oder missbilligen oder gar lächerlich machen, die sind
alle auch als mensch geboren wie wir – einst!
was dazu führte da jene
menschen so „unfähig“ geworden sind ihr leben zu organisieren
hat wohl viele gründe, was ich weiß ist das das system AUCH mit
dazu beigetragen hat, der rest ist so individuell wie alles hier und
was ich vor allem weiß das wir ALLE als menschen geboren sind!
die liste in seiner hand war nicht lang, ich sah das noch andere notunterkünfte drauf standen, auch einige wo keine preisangabe beistand, doch war diese notunterkunft die einzigste in friedrichshein auf dieser für ihm ausgedruckten liste, er kann ja nicht in ein frauenhaus gehen oder so, weil er da nicht rein passen tät
die liste in seiner hand war nicht lang, ich sah das noch andere notunterkünfte drauf standen, auch einige wo keine preisangabe beistand, doch war diese notunterkunft die einzigste in friedrichshein auf dieser für ihm ausgedruckten liste, er kann ja nicht in ein frauenhaus gehen oder so, weil er da nicht rein passen tät
es ist
abends um 10 und soll man wirklich von dem mann verlangen das er im
stande ist nach charlottenburg zu fahren um dann vielleicht
festzustellen das die notunterkunft schon voll ist, weils ja voll kalt
ist – dabei hat der winter noch gar nicht begonnen
er
meinte, er habe 3 nächte schon nicht geschlafen, er kann nicht mehr,
er sei am ende seiner kräfte, dabei schaut er mich nicht an, er
starrte die ganze zeit mit gesenktem kopf in die leere, eben wie eine
salzsäule
ich
denke an die jungen leute von zuvor und bin irgendwie entrüstet das
die nicht den mensch in ihm wahrgenommen haben, sondern nur eine vom
leben gezeichnete figur/fratze die man ja leicht verarschen kann.
WIR SIND ALLE ALS MENSCHEN GEBOREN – EINST!
ich kram
in meiner tasche und such 3,50€ raus, drück die ihm in die hand
und bemerke das ich auch schon so beschissen schizophrän bin das ich
betone das geld sinnvoll einzusetzen, ich tippe mit 2 finger auf sein
bier und sage: „das hält dich nicht warm“ und er erwidert das er
es geschenkt bekommen hat,
er
bedankt sich fürs geld und ich wünsche viel erfolg, ein anderer
passant klinkt sich ein und beim fortgehen erhasche ich seine worte:
„willst du ein bier? ich hab welche übrig“
ich dreh
mich um und bin SPRACHLOS!
hmmm,
ich kann nur chancen geben, ja wir alle können chancen geben wenn
wir nur wollen, wie die chancen genutzt werden ist jedem selbst
überlassen, doch ich bin der meinung auch wenn chancen nicht immer
unsere erwartung erfüllen, so sollten wir nicht aufhören chancen zu
geben, weil ich weiß, das wir das können, einfach so und ich
hab eine chance gegeben und weiß das du das auch kannst.
der winter hat noch nicht begonnen und es ist schon verdammt kalt draußen!
der winter hat noch nicht begonnen und es ist schon verdammt kalt draußen!
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